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Das Leben muss weitergehen

Flutkatastrophe am 01.06.2024 in Dinkelscherben nahm Familie Mujanovic ihr Zuhause

Boden vor Waschmaschine sehr nass und glänzend.
Wohnzimmerboden stark durchgenässt, die Wasserschicht spiegelt die Möbel.

Es ist Samstagnachmittag der 01.06.2024, als die Ortschaft Dinkelscherben durch den vielen Regen überschwemmt wurde. Der Fluss Zusam ist übergetreten und hat neben Dinkelscherben, auch Zusmarshausen und Altenmünster überflutet.

Irfan Mujanovic lebt mit seiner Familie in Dinkelscherben und wurde wie viele im Ort von der Flutkatastrophe überrascht. Gegen 16 Uhr traten die Wassermassen in ihre Wohnung ein und sammelten sich auch in ihrem Keller. Das viele Wasser beschädigte die Heizungsanlage und vermischte sich mit dem Heizöl. Um 19 Uhr war der Wasserpegel im Keller bereits bei 220 cm und in ihrer Erdgeschosswohnung bei 30 cm angekommen. Das Gemisch aus Wasser und Heizöl sollte am Ende 7.500 Liter betragen, wie das THW später bescheinigte.

Am Abend wurden immer mehr Menschen aus dem Dorf evakuiert, auch die Familie Mujanovic, da das mit Heizöl kontaminierte Wasser eine Gefahr für die Töchter sowie für die schwangere Frau Mujanovic war. Dass sie 95 % der Einrichtung und der Kleidung am Ende entsorgen müssen, ahnte anfangs niemand. Zunächst versuchten sie durch das Waschen der Kleidung den Geruch des Heizöls zu entfernen, aber dies blieb erfolglos und somit mussten sie sich auch davon trennen.

Die Familie bekam viel Unterstützung von der DHL, dem Arbeitgeber von Irfan Mujanovic, der Gewerkschaft, Kollegen und Freunden. „Ich bin sehr dankbar für die Hilfen, die wir bekommen haben“ sagte der 33-jährige Familienvater, „auch dem Betreuungswerk für die schnelle Soforthilfe.“ Damit konnte sich die Familie dringend benötigte Möbel, elektronische Geräte und Kleidung kaufen.

Auf die Frage, wo er und seine Familie unterkamen nach der der Flutkatastrophe, antwortete Herr Mujanovic, dass sie für die ersten zehn Tage bei Freunden in Friedberg, ca. 30 - 40 km von ihrem Zuhause, aufgenommen wurde. Aber auch in der nächsten Zuflucht konnten sie nur zehn Tage unterkommen. Ihre dritte Bleibe wurde auch ihr neues Zuhause, da ihre schöne bisherige Wohnung komplett neu renoviert werden muss und das einige Zeit dauere. Auf den gewohnten Garten zum Spielen und Toben müssen die Kinder nun aber leider verzichten. 

Solch eine Erlebnis hinterlässt bei jedem Menschen andere Spuren. Körperlich gehe es alles allen gut, seine neunjährige Tochter jedoch sei durch die vielen Neukonstellationen müde, traurig und ängstlich. Und auch seiner Frau merke er den Stress an, sagt Irfan Mujanovic, „Sie ist immer wieder geistig abwesend und tief in Gedanken versunken“. Sie sei zuhause und habe noch wenig direkte Kontakte in ihrer Umgebung, da sie erst seit zwei Jahren in Deutschland lebt. Außerdem gibt es noch Sprachbarrieren. Daher sind die Erinnerungen und Veränderungen bei ihr deutlich präsenter als bei ihm, der sich bei der Arbeit mit Kollegen austauschen kann, was es erleichtert, mit dem Erlebten zurechtzukommen.

Abschließend erzählt Herr Mujanovic, dass er in seiner alten Heimat Bosnien im Jahr 2014 bereits eine Flutkatastrophe erlebt hatte und froh ist, dass jetzt „nur“ Möbel und Kleidung kaputtgingen und kein Menschenleben beklagt werden musste. „Möbel kann man nachkaufen, aber Familie und Freunde zu verlieren ist sehr schmerzhaft.“